Mit der Inszenierung von „Maria Stuart“ arbeitet Regisseur Amir Reza Koohestani, dessen iranische Theater- und Filmproduktionen weltweit auf Festivals zu sehen sind und der regelmäßig an großen Häusern in Deutschland inszeniert, erstmals in Österreich. Er bringt das Stück in einer Fassung der iranischen Schauspielerin und Autorin Mahin Sadri auf die Bühne.
Sie verdichtet Schillers Klassiker zu einer „intimen Geschichte über zwei Königinnen, zwei Liebhaber, zwei Kammerfrauen und einen Wächter“. Mahin Sadri und Amir Reza Koohestani fokussieren darin die spiegelbildliche Situation der beiden Königinnen, die in unterschiedlichen Gefängnissen der Macht eingesperrt sind. „Beide suchen das Gute, wollten gute Regentinnen sein. Aber das politische System steht ihnen im Weg“, so Amir Reza Koohestani.
Indirekt, durch die thematische Vertiefung in den Stoff, bringen Sadri und Koohestani das Königinnendrama mit der iranischen Frauenbewegung der Gegenwart in Verbindung. „Die iranische Bewegung kämpft nicht nur darum, kein Kopftuch tragen zu müssen. Die Protestbewegung der Frauen gibt es schon sehr lange und sie agiert auf einem hohen Niveau. Einige der Protagonistinnen der Bewegung haben sehr progressive Bücher geschrieben. Sie kämpfen für eine lebenswerte Zukunft für alle, es geht um Klimaschutz und um den Aufbau einer gerechten Gesellschaft“, sagt Amir Reza Koohestani.
„Auch die beiden Königinnen versuchen verzweifelt die Bedingungen der Politik zu verändern, so dass für sie die Rolle als Machthaberin lebbar wird. Elisabeth regiert zwar das Land, aber sie ist von einem durch und durch männlichen System umgeben. Die konservativste politische Partei im Iran hatte die erste Ministerin, die noch immer eine repressive Frauenpolitik vertrat. (Vergessen wir nicht die „Eiserne Lady“ im England der 1980er Jahre.) Es wirkt so, als ginge es nur darum, ein werbewirksames Bild zu erzeugen und nicht darum, dass eine Frau ihren Weg des Regierens gestalten könnte.“
In der Fassung von Mahin Sadri sind es nicht nur die Königinnen, die ihren eigenen Weg suchen: „Wir haben den Kammerfrauen der Elisabeth und der Maria Stuart so viel Raum gegeben, weil sie die Stimmen repräsentieren, die oft nicht gehört werden. In unserer Fassung erleben sie die Politik aus nächster Nähe und entwickeln eine eigene Haltung dazu, und sie treffen ihre eigenen Entscheidungen.“