Peter Jarolin, Kurier
… Breitfuß und seine tollen Darsteller transferieren Shakespeare wunderbar ins Heute, spielen furios Theater mit dem Theater und finden in einem vollendeten, sehr klug durchdachten Chaos zu tiefen Einsichten über das Leben und die Liebe. Das ist herrlich kindisch, unendlich weise, köstlich banal und absolut geistreich zugleich. Auch dank der Musik (man spielt und singt live) von Helmut Thomas Stippich. Dieser gibt selbst auch noch das Bauernmädchen Audrey mit feinem Hang zur Travestie.
Aus dem exzellenten Ensemble (Kompliment an das gesamte Team!) ragt Katharina Knap heraus, die als Rosalinde das Kraftzentrum der Produktion bildet. Bettina Kerl (Celia) und Toni Slama (als Narr) stehen ihr aber in Nichts nach. Shakespeare somit völlig überdreht und hinreißend auf den Punkt gebracht. Bravo!
Michael Wurmitzer, der Standard
...Es ist ein Treiben bunter Ideen, das Regisseur Gottfried Breitfuß abfeuern lässt. Ein kleines Treppchen trägt etwa der Narr Touchstone (sehr gut: Toni Slama) mit sich herum, um von dort oben den Herren und Schäfern die Welt zu erklären. Ein komplizierter Monolog wird in Originalsprache wiederholt und ergriffen mit "Oh, schön" quittiert, Ovids Vier Weltzeitalter auf Latein angestimmt.
Heiter und überdreht wird Wie es euch gefällt so zum Hingucker, ohne dem aber die gewitzten Reden Shakespeares zu opfern. Das spielfreudige Ensemble führt diese trotz des Drunter und Drüber immer wieder trefflich. Großer Premierenapplaus für starke Leistungen und überbordende Fantasie.
Hans Haider, Wiener Zeitung
Die reale und die erträumte Welt prallen in Shakespeares "Wie es euch gefällt" (1599) aufeinander: als ein Theater der Wirklichkeit und ein utopisches Theatertheater. Zu oft wird die tief im Denken der Renaissance verwurzelte Komödie in lauen Sommertheaterstunden gefühlswarm verblödelt. In St. Pölten löst Gottfried Breitfuß die wunderbare Metapher in eindrückliche Bilder auf. Vor der geschlossenen Courtine ein gekaufter Totschläger und zwei brüllende Brutalos im grauen Businessdress. Raub, Flucht, Vertreibung, versuchter Neffenmord, angedrohter Brudermord im herzoglichen Schloss. Doch die Utopie steht schon in Lauerstellung: junge Liebende und ein alter Mann mit Bart und Apfel in der Hand. Auch das biblische Paradies schickt einen Gruß – Adorno schreibt vom "Vorschein" – voraus. Und eine Erinnerung daran, wie Adam es verspielt hat
Mit einem Ruck öffnet sich der Vorhang. Ein Zauberwald, durchflutet von alten Melodien und Kunstnebel. Bei diesem Fest der Kürbiskopfmasken tanzt sogar ein grüner Baum. Lobpreisung der Natur, die sich hier mit der Kultur versöhnt, grad so, wie uns eine anthropologische Konstante ein Goldenes Zeitalter verheißt. Hat wer schon Ovids "Áurea príma satást aetás que víndice núllo spónte suá . . ." auf einer Bühne gesungen gehört? Jedes bildungsbürgerliche Herz öffnet sich...
NÖN
Mit Shakespeare ist das so eine Sache. Entweder kommt er in Perücke und Reifrock daher. Oder in Unterhemd und Maßanzug. Gottfried Breitfuß hat sich im St. Pöltner Landestheater erst für Letzteres entschieden. Und schickt dann seine Hofgesellschaft, die im Wald von Arden die Freiheit sucht, zu Alice ins Wunderland – Clownsköpfe, Pelzkrägen und Riesenkaninchen inklusive. Dass die Sakkos da schnell hinterm Busch verschwinden, ist klar. Auch, dass die Liebe fröhlich (oder auch verzweifelt) Nachlaufen spielt. Und die Narren (großartig: Toni Slama als Touchstone) klüger sind als die Herzöge. Zornig & leidenschaftliche Tobias Artner als Orlado, klug & stolz Katharina Knap als Rosalinde, dämosch André Willmund als Jaques, köstlich Helmut T. Stippich als Audrey.
Fazit: Liebe, Macht und Eitelkeit im Wald der Narren – kluge Komik mit einem Hauch Irrsinn!
Kultur und Wein
…Das bunte Knäuel an Beziehungen, Irrtümern und Verwechslungen, das William Shakespeare mit seiner Komödie „Wie es euch gefällt“ geknüpft hat, muss erst einmal entwirrt werden. Im Landestheater Niederösterreich ist dieses Unterfangen in der Regie von Gottfried Breitfuß in entzückender Weise mit vielen intelligenten Gags und einem Haufen origineller Ideen geglückt. Im Wald von Arden wird übermütig Mummenschanz getrieben. Wald ist übertrieben, er besteht aus einem einzigen Baum.
Sogar der wird im Verlauf des turbulenten Geschehens mit einer zur Motorsäge umfunktionierten E-Gitarre umgesägt. Als Holzhacker betätigt sich Michael Scherff als guter Duke Senior und böser Herzog Frederick in Personalunion. Zu seiner Hofhaltung im Wald gehören Pfarrer Sir Oliver (Othmar Schratt) und Jaques (André Willmund), der neben dem Schauspielern ernsthaft gut Trompete spielt. Der zweite Musiker ist Helmut Thomas Stippich, der einige Musikinstrumente ebenso gekonnt wie den Edelmann Amiens und das Bauernmädchen Audrey spielt. Vielseitigkeit ist auch bei Helmut Wiesinger gefragt.
Er schafft es virtuos, sich in affenartiger Behändigkeit coram publico vom Diener Adam in Le Beau, danach in Corin, den Schäfer, und zuletzt sogar in Hymen zu verwandeln. Touchstone, der Narr, ist vielleicht der Weiseste von allen, zumindest vermittelt Toni Slama diesen Eindruck, wenn er von einer kleinen Stehleiter aus das Leben mittels seiner Bonmots erklärt. Aber auch er ist nicht gefeit vor dem Irrsinn der Liebe, über die er sich so herrlich lustig machen kann.
Übler noch als ihm ergeht es jedoch Silvius (Stanislaus Dick), der aus verliebter Tollheit Räder schlägt und im Handstand Shakespeare rezitiert, um die spröde Phöbe (Vidina Popov) zu gewinnen. Lukas Spisser darf als Oliver zuerst seinen Bruder nicht mögen, um dann mit der Liebe Kraft Celia (Bettina Kerl) in Ballettmanier zu stemmen.
Orlando (Tobias Artner) und Rosalinde (Katharina Knap) hat es am schlimmsten erwischt. Der eine begeht Flurfrevel mit seinen Liebesgedichten, sie verkleidet sich als junger Mann, um ihm nahe sein zu können und ihn schließlich auch bekommt. Shakespeare hätte seine Freude gehabt mit diesem Wald von Arden, das Premierenpublikum jedenfalls war begeistert, es hat mit seinem Applaus bestätigt: „As You Like It“, wie es schon im Originaltitel heißt.
Barbara Petsch, die Presse
„Die ganze Welt ist Bühne, und alle Frau´n und Männer bloße Spieler“, das ist vielleicht der bekannteste Satz aus Shakespeares Komödie „Wie es euch gefällt“, seit Samstagabend (bis 29.4.) im NÖ-Landestheater in St. Pölten zu sehen: ein böser Herzog übernimmt die Macht, der gute wird in den Wald getrieben, ein junger Mann von seinem Bruder um Ausbildung und Vermögen gebracht – aber ein Happy End löst alles auf.
Regisseur Gottfried Breitfuß versuchte dem Stück eine flotte, jugendliche Note zu verpassen, ein Spiel im Spiel, das vor dem Vorhang beginnt und in einen tiefschwarzen Wald mit Hase und lebendem Baum führt, wo der vertriebene Herzog eine Art Karneval feiert. Sehr gelungen ist die gewählte Übertragung von Angela Schanelec und dem verstorbenen Regisseur Jürgen Gosch...
Die 35-jährige Wienerin Katharina Knap soll, so ist in ihrer Bio zu lesen, für ein Engagement in Stuttgart das Burgtheater ausgeschlagen haben. Das ist traurig, denn sie ist fantastisch als Rosalinde, die in Männerkleider schlüpft und mit ihrer Cousine Celia (Bettina Kerl, unter Andreas Beck am Schauspielhaus Wien zu sehen) in den Wald flüchtet. Der Kölner André Willmund macht aus dem Misanthropen Jacques einen rauen Weisen. Michael Scherff spielt in gewohnter Qualität die Doppelrolle des bösen und des wohlwollenden Regenten. Vidina Popov erfreut in der oft marginalisierten Rolle der Phöbe mit frechem Aplomb. ..
Robert Vogelhuber, Momag
Von der im März unter der Regie von Gottfried Breitfuß stattgefundenen Shakespeare-Premiere von „Wie es euch gefällt“ bleiben nicht nur schöne, altbekannte Sager und Shakespeare-Sprüche lange in Erinnerung, sondern auch die Musikeinlagen – da und dort ein bisschen bluesig – und vor allem ein umwerfendes „I put a spell on you“, gesungen von der Hauptdarstellerin Katharina Knap in der Rolle der Rosalinde.
… Die Ensemblemitglieder und deren „special guests“ tragen alle eine Bühne im Herzen. Jedes Shakespeare-Stück und vor allem dieses ist wie eine wertvolle, zerbrechliche Antiquität, mit der man besonders behutsam umgehen muss. Es erfordert schon viel Können, dass die fein gedrechselte Sprache in Verbindung mit Mimik, Gestus und forderndem Körpereinsatz über weite Strecken höchst wohlgeraten über die Rampe kommt.